Feuer im Körper (German Article in Focus)Feuer im Körper – Willkommen in der Zukunft (Artikel im Focus)

German article in one of the most popular weekly magazines (Focus) about an nutritional solution for most of our epidemic “first world diseases”… basically recommending a metabolic balance like solution.
FOCUS Online

29.03.2010, 00:00
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Die Herz-Diät

Feuer im Körper
Herzinfarkt, aber auch Diabetes, Rheuma und Krebs hängen enger mit Entzündungen zusammen als bislang gedacht. Fehlernährung ist eine Ursache, gesunde Kost hilft.

Nahrungsbestandteile – vor allem Fette – sollen Entzündungen im Körper verursachen
Sandy George ist eine dynamische Frau mit charismatischer Ausstrahlung. Die Krankenschwester aus St. Augustine, Florida, wirkt jünger als ihre 36 Jahre, wenn sie über ihre wunderbare Verwandlung im Verlauf des vergangenen Jahres erzählt. Sie hält ein „Davor“-Foto hoch. „Ich kann es kaum glauben, dass ich das war“, sagt sie nachdenklich. Die abgebildete Frau hat starkes Übergewicht, schaut lustlos in die Kamera.

Damals brachte George 20 Kilo mehr auf die Waage als heute. Schlimmer noch, sie hatte hohen Blutdruck, schlechte Blutzucker- und Blutfettwerte und reichlich Fettpolster am Bauch, Vorboten chronischer Krankheiten wie Diabetes und Herzinfarkt. „Mein Arzt warnte mich, dass mein Körper für mein Alter viel zu alt sei. Ich bekam Angst, dass ich für meine beiden Kinder nicht da sein würde“, erinnert sie sich.

Hilfe kam in Form einer Ernährungsstudie an der Universität Florida in Jacksonville. Der Arzt Mark McIntosh suchte Versuchsteilnehmer, die bereit waren, ihre Ernährung komplett auf eine Mittelmeerdiät umzustellen. George machte mit und änderte mit intensiver Hilfe der Ernährungsforscher ihren Speiseplan.

Anstatt Eier mit Speck beginnt sie heute den Tag mit Müsli und Obst. Den Hamburger mit Fritten zum Lunch ersetzt sie durch Salat und Fisch, zum Abendessen gibt es bei ihr zu Hause jetzt öfter Linsensuppe und seltener Pizza.

Alle zwei Wochen wurden George und die anderen Probanden während der zwölfwöchigen Studie auf Herz und Nieren untersucht. „Die Ergebnisse überraschten selbst uns“, sagt McIntosh. „Rascher, als wir vermuteten, verbesserten sich Blutdruck, Zucker- und Blutfettwerte. Bei vielen Probanden schwanden Schlafstörungen sowie chronische Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen.“ Nebenbei purzelten die Pfunde. Vor chronischen Krankheiten braucht sich George vorerst nicht mehr zu fürchten.

Die Medizin entdeckt Entzündungen als wichtige Zwischenstation vielerlei Übels

Besonders erfreut ist McIntosh über die Verbesserung jener Marker im Blut der Versuchsteilnehmer, die auf Entzündungen im Körper hinweisen, Zeichen eines Immunsystems im Dauereinsatz. Denn zunehmend erhärtet sich eine Theorie, nach der eine Vielzahl moderner Zivilisationskrankheiten auf chronische Entzündungen zurückgeht.

„Die Beweise verdichten sich mehr und mehr, dass Entzündungsreaktionen bei Diabetes, Herz- und Kreislaufleiden, Darmerkrankungen, manchen Formen von Demenz und sogar bei Krebs eine Rolle spielen“, erläutert McIntosh. Auch andere Mediziner bezeichnen das überaktive Immunsystem als „stillen Killer“ der industrialisierten Welt. Das gemeinsame Krankheitsprinzip könnte erklären, warum viele unserer heute häufigen Leiden miteinander in Verbindung stehen; warum Diabetiker vermehrt an Arthrosen leiden, Rheumatiker ein erhöhtes Herzinfarktrisiko haben und bei Personen mit Parodontitis die Arteriosklerosegefahr steigt.

Im Grunde ist der Entzündungsvorgang Teil eines überlebenswichtigen Verteidigungsmechanismus, der den Körper vor Viren, Bakterien und Parasiten schützt. Solche Krankheitserreger bekämpft unser Immunsystem mit mehreren Waffen. In einem komplexen Abwehrprozess fallen unterschiedliche Immunzellen, darunter Makrophagen und Lymphozyten, über den Eindringling her. Botenstoffe, die Zytokine und Chemokine, steuern sie an den Entzündungsherd. Ist der Feind ausradiert, werden die Truppen ebenso rasch wieder abgezogen. Die Entzündungsreaktion klingt ab.

„Es ist extrem wichtig, dass dieser potenziell gefährliche Prozess normalerweise inaktiviert ist und nach einem Einsatz schnell wieder abgeschaltet wird“, erklärt Thomas McDade von der Northwestern University in Evanston/Illinois. Doch dies scheint bei Menschen in den modernen Industrieländern oft nicht der Fall zu sein.

Messungen sogenannter Entzündungsbiomarker wie dem C-reaktiven Protein (CRP) machen dies nur zu deutlich. Bei Menschen, die in traditionellen Dörfern auf den Philippinen leben, dies ergab eine Studie McDades, ist der CRP-Spiegel nur ein Viertel so hoch wie bei Amerikanern oder Europäern.

Was ist es am westlichen Lebensstil, das den fein ausgewogenen Entzündungsmechanismus aus dem Gleichgewicht bringt? Mittlerweile sind sich die Ärzte sicher, dass fehlende körperliche Bewegung und unsere ungesunde Ernährung maßgeblich zu dieser Epidemie beitragen. „Wir wissen, dass eine Ernährungsweise mit einem hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren, Transfetten und einfachen Zuckern chronische Entzündungsreaktionen fördert“, erläutert McIntosh.

Entzündungsmindernd wirken dagegen die in einer klassischen mediterranen Diät reichlich vertretenen Inhaltsstoffe: Ballaststoffe und Antioxidantien in Obst und Gemüse sowie gesunde Fette in Fisch, Nüssen und Olivenöl. Zahlreiche epidemiologische Studien belegen, dass Personen bei dieser Diät deutlich weniger Entzündungsmarker im Blut haben und seltener an den typischen modernen Leiden erkranken.

Nahrungsfette treiben Entzündungsprozesse an

Wie unmittelbar sich die Ernährung auf unseren Körper auswirkt, konnte der Kardiologe Stephen Nicholls nachweisen. Der Forscher von der Cleveland Clinic ließ seine Versuchsteilnehmer im Abstand von einem Monat zwei Testmahlzeiten essen. Beide bestanden aus einem Stück Karottentorte und einem Milchshake. Einmal wurden Kuchen und Shake mit Kokosöl hergestellt, das zweite Mal mit Distelöl. Ersteres enthält ungesunde, gesättigte Fettsäuren, das zweite ist reich an gesunden, mehrfach ungesättigten Fetten.

Sechs Stunden nach Genuss der Kokosölmahlzeit waren die Entzündungswerte in den Gefäßen und im Blut der Probanden deutlich erhöht. Nach der Distelölmahlzeit sanken diese Werte sogar unter die Zahlen, die vor Beginn des Verzehrs gemessen worden waren.

„Eigentlich haben diese Ergebnisse uns Fachleute nicht überrascht“, sagt Nicholls. Die Ärzte wüssten mittlerweile, dass es nur einer ungesunden Mahlzeit bedarf, um eine biochemische Lawine von entzündlichen Reaktionen im Körper loszutreten, die die verschiedensten Gewebearten überrollt. Allerdings kommt ein gesunder Mensch mit gelegentlichen Sünden bei der Ernährung gut zurecht. Problematisch wird es, wenn ungesunde Mahlzeiten zum Normalfall werden und wir unseren Körper kontinuierlich mit entzündungsfördernden Speisen bombardieren. Doch die Studie in Florida zeigt, dass der menschliche Organismus selbst dann positiv auf eine Ernährungsumstellung anspricht, wenn das Krankheitsrisiko bereits stark erhöht ist. „Unser Körper reagiert auf gesundes Essen wie auf eine gute Medizin“, betont Studienleiter McIntosh.

Sandy Georges Erfolgsgeschichte ist nur eines von vielen Beispielen, 50 Personen nahmen an der Studie an der Universität Florida teil. Alle hatten zu Beginn ähnliche Risikofaktoren für chronische Erkrankungen wie George. Bei Teilnehmern, die ihre Ernährung erfolgreich umstellten, verbesserten sich nicht nur die Biomarker im Blut. „Auch mit meinem körperlichen und seelischen Befinden ging es zunehmend bergauf“, berichtet George. Kraft und Energie habe sie verspürt wie seit ihrer Schulzeit nicht mehr, als sie in Gymnastikwettbewerben glänzte. Ihr Denken sei klarer, ihre Reaktionsgeschwindigkeit schneller geworden.

Die positiven Erfahrungen gewährleisteten, dass die Probanden nicht absprangen. Denn der Verzicht auf die schnellen Hamburger, Fritten und Pizzen ist keineswegs einfach. Das Einkaufen und Kochen muss neu gelernt werden. Jedes Essen im Restaurant gerät zur Versuchung.

„Wir machen von vornherein klar, dass die Ernährungsumstellung zu einem gewissen Grad Veränderungen im Lebensstil erfordert“, erklärt McIntosh. Der engagierte Arzt kommt auf ungewöhnlichem Weg zu seiner Rolle als Ernährungsberater. Er ist hauptsächlich in der Notaufnahme der Universitätsklinik im Einsatz. Die Patienten, die er dort täglich behandelt, gaben ihm zu denken: „70 bis 80 Prozent landen wegen Fehlern im Lebensstil bei mir in der Notfallklinik“. Das habe er ändern wollen.

Die Umstellung auf eine gesunde Ernährung lohnt sich in jedem Lebensalter. Auch Personen, die bereits an Diabetes erkrankt sind oder einen Infarkt erlitten haben, können mit einer mediterranen Diät ihre Risikofaktoren senken. Am empfehlenswertesten freilich wäre, sich bereits als Fötus gesund zu ernähren. Studien an Schwangeren und Kleinkindern belegen, dass Kinder, deren Mütter während der Schwangerschaft und Stillzeit ausreichend Obst und Gemüse essen und gelegentlich Fisch zu sich nehmen, seltener an entzündlichen Krankheiten wie Heuschnupfen, Asthma und Neurodermitis erkranken.

Günstig auf den Entzündungsstatus wirkt sich auch körperliche Aktivität aus. Kurzfristig reagiert der Körper auf Sport mit einer akuten Entzündungsreaktion, besonders in den Muskeln. Der CRP-Spiegel steigt, das Zytokin Interleukin-6 wird vermehrt freigesetzt.

Langfristig jedoch senken Fitness und Bewegung die Marker für chronische Entzündungen. In einer großen Studie mit gesunden Probanden im mittleren Alter konnten Forscher den direkten Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und Entzündungsbiomarkern belegen. Bei Sportmuffeln lagen die Werte deutlich höher als bei Personen, die regelmäßiger Sport trieben. Weitgehend geschützt waren Versuchsteilnehmer, die häufig trainierten und rundum fit waren.

„Je öfter man aktiv ist, desto positiver wirkt sich dies auf die Blutgefäße aus“, sagt Daniel König, Sportmediziner an der Universität Freiburg. Wichtig scheint dabei nicht die Intensität der Aktivität zu sein – auch regelmäßiges Yoga hat einen Effekt. Frauen, die häufig Yoga praktizieren, haben, so eine im Januar veröffentlichte Studie, deutlich niedrigere Interleukin-6-Werte im Blut.

Als Anti-Krebs-Therapie schickt ein Forscher Patienten über die Alpen

Königs Fachkollege Freerk Baumann von der Deutschen Sporthochschule in Köln versucht, diese Erkenntnisse in die Behandlungspraxis zu übertragen. Im Rahmen von Studien ließ Baumann brustkrebskranke Frauen und Männer, die an Prostatakrebs leiden, wochenlange Wanderungen über die Alpen und auf einem der Jakobswege unternehmen. Zwar stiegen die Entzündungswerte als Akutreaktion an, Wochen danach aber lagen sie in einem besseren Bereich.

Ernst Rex, 63, Rentner aus Bayreuth und einer der Versuchsteilnehmer, ist überzeugt, dass regelmäßiger Sport die Behandlung seines Prostatatumors unterstützt und die Wirkung der Medikamente verstärkt. „Seit 14 Jahren lebe ich mit der Diagnose“, sinniert der ambitionierte Freizeitläufer (täglich bis zu zehn Kilometer). „Man darf sich eben nicht aufgeben.“

„Die körperliche Aktivität stärkt die Fähigkeit von Körperzellen, schädigende Einflüsse – sogenannten oxidativen Stress – abzuwehren“, fasst Baumann sein Forschungsergebnis zusammen. Tempo und Ausmaß des Prozesses sind individuell verschieden, aber bei den meisten scheint sich der Krankheitsverlauf wenigstens zu verlangsamen. König ergänzt, der präventive Effekt von Bewegung erstrecke sich darüber hinaus auf Magen- und Darmtumoren.

Ähnliche Strategien wirken sich auch heilsam auf Erkrankungen aus, denen ganz offensichtlich Entzündungsvorgänge zu Grunde liegen. Dazu zählen nachgewiesenermaßen rheumatische Arthritis, Psoriasis und Gicht.

Rheumaexperten raten ihren Patienten bereits länger zu einer Ernährungstherapie. „Besonders die gezielte Wahl der Fette kann den Verlauf einer rheumatischen Arthritis positiv beeinflussen“, weiß Olaf Adam von der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Wenige tierische Produkte sollen nach Empfehlung des Fachmanns auf den Tisch, denn Fleisch, Wurst, Butter und Eier enthalten hohe Mengen entzündungsfördernder Omega-6-Fette. Entzündungshemmende Omega-3-Fette stecken dagegen in Fisch, Nüssen und wertvollen pflanzlichen Ölen.

Die Ernährungsumstellung erfordert Disziplin und Geduld. Adams Patienten berichten, dass sie nach einem halben Jahr eine deutliche Besserung feststellten. Die Schmerzen hätten nachgelassen, die Beweglichkeit habe sich gebessert. Oft kommen die Patienten mit weniger Schmerzmitteln aus; manche können ganz auf die Pillen, die oft erhebliche Nebenwirkungen haben, verzichten.

Das neue Wissen über chronische Entzündungsvorgänge hat das Verständnis von Herz- und Kreislaufkrankheiten geradezu revolutioniert. „Es gibt mittlerweile Hunderte von Studien, die auf einen direkten Zusammenhang von erhöhten Entzündungswerten und einem erhöhten Risiko für Gefäßerkrankungen und Herzinfarkt deuten“, erklärt der Kardiologe Christopher Cannon von der Harvard-Universität.

Bei allen Risikofaktoren für kardiovaskuläre Leiden, darunter Diabetes, Bluthochdruck und Arteriosklerose, spielten Entzündungsfaktoren mit, so der Autor eines populären Ratgebers über entzündungshemmende Ernährungsweise. Jede der Schadstellen in den Gefäßen, die typischerweise bei Bluthochdruck entstehen, zieht ein Heer von Immunzellen an. Ihre Aufgabe, die Läsion zu reparieren, können sie bei unverändert hohem Blutdruck jedoch nicht erfüllen. Es bildet sich ein dauerhafter Entzündungsherd.

Entzündungsreaktionen weisen den Weg von der Gefäßablagerung zum Infarkt

Entzündungsreaktionen erklären auch, warum Diabetiker ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten haben. Bestimmte Eiweiße, die wie Gift auf die Gefäßwände wirken, werden von Zuckerkranken in größeren Mengen produziert. „In jedem Stadium einer koronaren Erkrankung spielen entzündliche Prozesse mit“, betont der Herzspezialist Stephen Nicholls. Die gleichen Mechanismen, die über Jahre die „Plaque“ genannten Ablagerungen an den Gefäßwänden fördern, können später die Katastrophe auslösen.

Langsam, aber sicher korrodieren die Immunzellen und ihre Botenstoffe die Verbindung zwischen Plaque und Gefäßwand. Wenn sich ein Teil der Ablagerungen löst und in den Blutkreislauf gelangt, besteht höchste Gefahr: Blockiert der Pfropfen die Blutzufuhr zum Herzen, kommt es zum Infarkt.

Gefäßerkrankungen beeinträchtigen nicht nur das Herz, sondern auch das Gehirn. „Was gut fürs Herz ist, ist gut fürs Gehirn“, betont Cannon. Eine entzündungshemmende, mediterrane Diät scheint auch unser Denkorgan vor Krankheiten und Alterserscheinungen zu schützen. In einer im Februar veröffentlichten Studie mit 700 Teilnehmern wiesen Neurologen der Universität Columbia in New York nach, dass Personen, die sich mediterran ernährten, vor Mini-Schlaganfällen geschützt sind.

Die Kleinstinfarkte im Gehirn werden normalerweise nicht sofort wahrgenommen. Häufen sie sich jedoch über längere Zeit, können sie die Denk- und Gedächtnisleistung einschränken und manche Formen von Demenz begünstigen. Auch die Bildung der gefürchteten Plaques im Gehirn, das wichtigste Symptom für Alzheimer, ist nach neuesten Erkenntnissen das Produkt einer aus dem Ruder gelaufenen Immunabwehr.

Mittlerweile haben die Mediziner auch jene Mechanismen aufgeklärt, die das Aufkommen von Diabetes, Herzinfarkt, Schlaganfall und manchen Formen von Demenz bei Menschen mit Übergewicht erhöhen. Verantwortlich sind in erster Linie Entzündungsprozesse.

„Fettpolster am Bauch sind Gift für den Körper“, erklärt Eric Ravussin von der Louisiana State University in Baton Rouge. Vor Fett strotzende Fettzellen sterben kontinuierlich ab, weil sie nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden können.

Auf die verendenden Zellen reagiert der Körper wie auf einen fremden Erreger mit massiven Immun- und Entzündungsantworten. Ein Ring von Makrophagen, deutlich sichtbar im Mikroskop, legt sich um jede Fettzelle. In einer Aufsehen erregenden, Ende Februar veröffentlichten Studie zeigten Endokrinologen des Albert Einstein College of Medicine in New York, dass die Entzündungsherde im Fettpolster besonders intensiv auf fette Mahlzeiten reagieren. Dabei gelangt ein ganzes Heer von gefährlichen Stoffen, die Diabetes und Herzleiden begünstigen, in den Blutkreislauf. Die Folge sind ein dauerhaft aktiviertes Immunsystem und chronische Entzündungsvorgänge, die den ganzen Körper erfassen.

„Fett ist ein Entzündungsherd per se“, sagt der Internist Eugen Faist von der Münchner Universitätsklinik. Dass Übergewicht, ungesunde Ernährung und fehlende körperliche Aktivität zur heutigen Entzündungsepidemie beitragen, gilt mittlerweile als unumstritten. Der Anthropologe Thomas McDade meint, auf eine weitere Erklärung gestoßen zu sein. Er und seine Mitarbeiter werteten Unterlagen aus, die den Gesundheitszustand von mehr als 1500 philippinischen Kindern in den ersten zwei Lebensjahren dokumentieren. Die Hygienebedingungen, unter denen die Kinder aufwuchsen, entsprachen nicht den westlichen Standards. Als die Probanden 20 Jahre alt waren, maß McDades Team die Konzentrationen des Entzündungsmarkers CRP in ihrem Blut. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Dezember im Wissenschaftsjournal „Proceedings of the Royal Society B“.

„Wir fanden einen auffallenden Zusammenhang zwischen der Zahl der Infektionskrankheiten, die die Kinder in den ersten beiden Lebensjahren durchgemacht hatten, und dem CRP-Spiegel“, berichtet McDade. Jede Durchfallepisode, ein längerer Aufenthalt unter einem Dach mit Nutztieren und die Geburt während der staubigen Trockenzeit verringerten das Risiko für einen erhöhten CRP-Wert später im Leben.

Schützen Infektionskrankheiten in den ersten Jahren vor Überreaktionen der Immunabwehr später im Leben? Der Zusammenhang ist bereits für Allergien wie Asthma, Heuschnupfen und Ekzeme belegt. Diese Leiden treten fast nur in den Industrieländern auf. Nach der sogenannten Hygiene-Hypothese sind westliche Hygienestandards dafür verantwortlich. Sind Kinder weniger Krankheitserregern ausgesetzt, richtet sich das Immunsystem später gegen Pollen, Hausstaubmilben und andere Umweltallergene, die der Körper normalerweise ignoriert. Für diese Annahme spricht, dass Nachwuchs, der auf dem Bauernhof groß wird, nur selten an Allergien leidet.

Ein gut trainiertes Immunsystem hält die Entzündungskaskade in Schach

„Ich bin überzeugt, dass wir mit der Hygiene-Theorie auch andere Epidemien unserer westlichen Industriegesellschaften erklären können“, betont McDade. Danach beginnt unsere Anfälligkeit für chronische Entzündungsprozesse bereits im frühesten Kindesalter.

Das Immunsystem kommt – wie das Gehirn – unreif zur Welt. Es ist auf Stimulation durch die Umwelt angewiesen. Wiederholte Infektionen mit Bakterien, Viren und Parasiten sind erforderlich, um die biochemischen Kaskaden von pro- und anti-entzündlichen Abläufen gegeneinander auszubalancieren. Bleibt dieses Training im frühen Leben aus, gerät der Entzündungsprozess im erwachsenen Alter außer Kontrolle.

Um seine Theorie zu prüfen, will McDade seine Probanden auf den Philippinen weiter beobachten. Viele der jungen Menschen leben inzwischen unter westlichen Hygienebedingungen und ernähren sich ungesund auf typisch westliche Weise. Möglicherweise sind sie wegen ihres gut trainierten Immunsystems dennoch vor modernen Zivilisationskrankheiten geschützt.

Auf fertige Rezepte darf freilich niemand hoffen, der sich gesundessen und -trainieren will. Feine Unterschiede offenbaren fast alle Studien, die die Ebene des Theoretischen verlassen. So untersuchten Ernährungswissenschaftler der Universität Jena 15 Tomatensorten auf deren Gehalte der Vitamine C und E sowie von Carotinoiden, besonders potenten und in ihrer Mehrzahl gesunden Pflanzenstoffen. Ergebnis: Die Konzentration der Stoffe unterschied sich von Sorte zu Sorte teilweise um das Zehnfache.

Eine US-amerikanische Studie kam zu dem Ergebnis, dass mit steigenden Vitamin-D-Werten im Blut das Risiko einer Herzerkrankung sinkt. Untersuchungsleiter Brent Muhlestein, Kardiologe am Intermountain Medical Center Heart Institute in Murray/Utah, empfiehlt zwar einen Bluttest zur Bestimmung der Vitamin-D-Werte und, wenn diese tief seien, „Nahrungsergänzungsmittel oder vermehrten Aufenthalt in der Sonne“. Wo die Grenze liegt und wann der Vorteil des Sonnens in erhöhte Hautkrebsgefahr umschlägt, weiß Muhlestein allerdings noch nicht genau zu sagen.

Ernährungsempfehlungen unterschiedlich wie Kleidergrößen

Das wollen Forschergruppen ändern, die versuchen, die Stoffwechselvorgänge im Menschen zu entschlüsseln. Mit enormem Aufwand stellen sie in Blut, Urin und Speichel von Probanden fest, wie der jeweilige Organismus Zucker verarbeitet, unter welchen Bedingungen die Cholesterinwerte steigen, wie sich die Harnstoffwerte verändern.

In Deutschland treibt unter anderem Hannelore Daniel, Ernährungswissenschaftlerin an der Technischen Universität München, diese Fachrichtung, „Metabolomics“, voran. Sie ließ in ihrem Labor 15 junge, im Körperbau sehr ähnliche Männer vier Tage lang ein streng normiertes Fasten-, Bewegungs- und Essprogramm absolvieren und analysierte in 56 Blut- und 25 Urinproben pro Person den jeweiligen Stoffwechsel. Die Unterschiede fielen deutlich aus, deutlicher, als die große Ähnlichkeit der Probanden erwarten ließ.

Und so glaubt Daniel, Ernährungsempfehlungen müssten eigentlich „mindestens so unterschiedlich sein wie die Kleidergröße“. Eines Tages, so das Fernziel der Metabolomics-Forschung, könne der Mensch computergestützt erfahren, welche Prozesse einzelne Speisen und Getränke in seinem Körper auslösen. Jeder werde über ein individuelles „metabolisches Profil“ verfügen und sich danach ernähren, hofft Daniel.

Einen konkreten Beitrag versuchte kürzlich die niederländische Fachkollegin Gertruud Bakker zu leisten. Sie kombinierte die Vitamine C und E, den Trauben-Bestandteil Resveratrol, Extrakte von grünem Tee und von Tomaten sowie Omega-3-Fettsäuren zu einem neuen, zaubertrankähnlichen Nahrungsergänzungsmittel. 36 übergewichtige Männer erhielten das Präparat, berichtete Bakkers Wissenschaftlergruppe vor Tagen im „American Journal of Clinical Nutrition“.

Die Niederländer erhoben 120 Eiweißwerte und 274 Stoffwechselprodukte im Blut jedes ihrer Probanden – und fanden, wie sie schreiben, lediglich „subtile Änderungen“. Unverändert blieb das C-reaktive Protein, der wahrscheinliche Herzinfarktbote.

Bis zur Entwicklung einer antientzündlichen Superpille scheint die Wissenschaft noch einen weiten Weg vor sich zu haben. Wer nicht so lange warten will, hat die Wahl, die entsprechenden Wirkstoffe – und noch viel mehr – in Mittelmeer-zubereitung zu sich zu nehmen. Es soll schon weniger Genuss versprechende Empfehlungen für die Vorbeugung gegen Zivilisationskrankheiten gegeben haben.

Entzündungen verursachen viele chronische Krankheiten. Die richtige Ernährung schützt.

* Das Immunsystem setzt gegen Viren, Bakterien und Parasiten Waffen ein, die zu Entzündungs-reaktionen führen. Normalerweise zieht sich diese Verteidgung so schnell wie möglich wieder zurück.

* Fehler im Lebensstil, wie ungesundes und zu viel Essen, Mangel an Bewegung und Dauerstress, stören diesen Prozess. Der Blutdruck steigt, Zucker- und Fettwerte entgleisen. Das Immunsystem schlägt auf lange Sicht Alarm. Zahlreiche Organe nehmen Schaden.

Bauchspeicheldrüse

Diabetes ist eine Stoffwechselstörung, bei der Leber-, Fett- und Muskelzellen die Fähigkeit verlieren, Zucker aufzunehmen. Langfristig gehen auch bestimmte Zellen in der Bauchspeicheldrüse zu Grunde – Insulin produzierende Beta-Zellen. Der Grund ist womöglich eine Entzündung, wie Forscher von der Universität Bremen feststellten. Sie wiesen bei Diabetikern eine Entzündungssubstanz namens CXCL10 nach. Der nächste Schritt wäre, einen Schutzstoff vor CXCL10 zu entwickeln.

Knie

Einer von 100 Deutschen leidet an Arthritis. Dazu kommen die Opfer anderer Rheumaformen. Eine zentrale Rolle im Entzündungsgeschehen spielt die ausschließlich in tierischen Lebensmitteln enthaltene Substanz Arachidonsäure. In vegetarischer Nahrung kommt sie kaum vor. Außerdem wirken pflanzliche Öle mit viel Omega-3-Fettsäuren – Leinöl, Rapsöl, Walnussöl – dem Entzündungs-geschehen entgegen. Auch fetter Fisch wie Matjes hilft.

Gehirn

Die Gehirne von Alzheimerkranken sind entzündet. In ihnen finden sich Plaques, Ablagerungen, die aus dem Protein Beta-Amyloid bestehen. Bislang galten sie als eine Ursache des Dahindämmerns. Wissenschaftler der Harvard Medical School in den USA kamen nun aber zu der Erkenntnis, dass die Ablagerungen Folge eines Entzündungsprozesses sind – und vielleicht Abwehrfunktion haben. Jetzt überlegen die Forscher, ob es klug ist, wie bisher Medikamente gegen Beta-Amyloid zu entwickeln, oder ob andere Angriffspunkte besser wären.

Herz

Die Todesursache Nummer eins in den industrialisierten Ländern, die koronaren Herzkrankheiten, stehen in Zusammenhang mit entzündlichen Prozessen. Deren Ausmaß lässt sich offenbar am Wert des C-reaktiven Proteins (CRP) ablesen. Bluthochdruck schädigt die Gefäße und verhindert, dass Immunzellen die Läsionen beheben. Es bildet sich ein dauerhafter Entzündungsherd, der wiederum Ablagerungen begünstigt. Lösen sich diese und verstopfen ein Blutgefäß, kommt es zum Infarkt.

Darm

Die Häufigkeit chronisch entzündlicher Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa nimmt in Deutschland deutlich zu. Dabei geht wahrscheinlich das harmonische Miteinander zwischen Darmbakterien und Immunsystem verloren. Immunzellen schalten sich fehlerhaft an und ab, Entzündungen sind die Folge. Umstritten ist, ob es Kranken hilft, wenn sie dagegen die viel beworbenen probiotischen Milchprodukte verzehren.
Bunt und knackig gegen süß und triefend

Glaubt man US-amerikanischen Ratgebern, hat jedes Lebensmittel seinen spezifischen „Entzündungsfaktor“. Es genügt aber, bestimmte Grundregeln zu kennen.

entzündungshemmend
Da capo: Brokkoli

Der Fixstarter aller Ess-Empfehlungen enthält ebenso wie Blumen- und Rosenkohl viel gesundes Sulphoraphan

Obst ohne Bananen

Die Devise bei der Auswahl von Obst lautet: je farbiger, desto gesünder. Nur Bananen haben wenig antientzündliche Wirkung

Nüsse aller Art

Kürzlich bewiesen Forscher der Yale-Universität, dass täglich eine Portion Walnüsse Diabetiker vor Entzündungsschäden in den Gefäßen schützt

entzündungsfördernd
Fett zum Frühstück

Transfette stecken in vielen kommerziellen Backwaren. Wer sie häufig isst, verdreifacht sein Risiko für Herzerkrankungen (Harvard)

Fett zu Mittag

Fleisch und Würste sind erlaubt in der antientzündlichen Ernährung – nur sollte man auf den Fettgehalt achten; bei Geflügel Haut abziehen!

Zuckerschuss ins Blut

Vorsicht bei Limonaden: Stark gesüßte Getränke wirken sich negativ auf Blutzuckerspiegel und Entzündungsstatus aus

Willkommen in der Zukunft: Fragen Sie uns, wie Ihnen Metabolic Balance schon heute einen individuellen, computer-gestützten Ausweg aus der Krise bietet. Mit Ihrem persönlichen Ernährungsplan.

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